Englisch: ulcerative colitis
Die Colitis ulcerosa ist eine schubweise verlaufende chronisch-entzündliche Darmerkrankung, die sich im Colon kontinuierlich von anal nach oral ausbreitet und dabei zu Ulzerationen der oberen Schleimhautschichten führt.
Die Inzidenz der Colitis ulcerosa beträgt in Deutschland etwa 4-10/100.000/Jahr. Die Prävalenz beträgt 40-80/100.000 Einwohner. Der Altersgipfel für die Erkrankung an Colitis ulcerosa liegt zwischen dem 2. und 4. Lebensjahrzehnt.
Weiße Bevölkerungsgruppen erkranken viermal häufiger als farbige. In Europa besteht ein Nord-Süd-Gefälle mit einer Häufung von Erkrankungen in Skandinavien.
Die Ätiologie der Colitis ulcerosa ist nicht vollständig aufgeklärt. Diskutiert werden eine autoimmune Pathogenese, der Einfluss genetischer Dispositionen, die Ernährung, psychosomatische Ursachen und infektiöse Prozesse.
Pathologische Untersuchungen erlauben eine grobe Bestimmung der pathogenetischen Abläufe im Rahmen der Colitis ulcerosa. Diese läuft in drei Schritten ab:
Die Colitis ulcerosa kann pathologisch in ein frisches und in ein chronisch-fortgeschrittenes Stadium eingeteilt werden. Die beiden Formen imponieren durch charakteristische makroskopische und mikroskopische Veränderungen.
Die Colitis ulcerosa ist zu Beginn der Erkrankung meistens im Rektum lokalisiert. Im Verlauf erfolgt eine Ausdehnung nach oral bis hin zur Pankolitis, der Entzündung des gesamten Colons.
Das Lokalisationshäufigkeit ist folgend verteilt:
Leitsymptom der Colitis ulcerosa sind blutig-schleimige Durchfälle, die ernährungsunabhängig und auch nachts auftreten und häufig sehr quälend sind. Die Durchfälle gehen mit Tenesmen einher.
Je nach Schweregrad der Erkrankung sind Fieber und erhöhte Enzündungsparameter festzustellen. Manchmal geht eine Colitis ulcerosa mit kolikartigen Bauchschmerzen einher. Häufig ist bei der Colitis ulcerosa eine Gewichtsabnahme festzustellen.
Die Colitis ulcerosa kann zu Komplikationen führen und sich auch an anderen Organsystemen manifestieren.
Zu unterscheiden sind:
CAVE: Bei einem akuten fulminanten Verlauf kann bereits ein toxisches Megakolon vorliegen. Eine Koloskopie und der Kolonkontrasteinlauf sind daher wegen Perforationsgefahr kontraindiziert. Die Letalität liegt bei etwa 30%. |
Nach der Diagnose sind regelmäßige Kontroll-Koloskopien durchzuführen:
Bei 10% der Betroffenen ist eine sichere Differenzierung nicht möglich ("indeterminierte Colitis") oder die anfängliche Diagnose muss später revidiert werden ("Konversionsfälle").
Colitis ulcerosa | M. Crohn | |
---|---|---|
Lokalisation | Kolon | Gesamter Verdauungstrakt |
Rektumbeteiligung | Immer | 20% |
Ileumbeteiligung | Selten ("backwash ileitis") | bis 80% |
Ausbreitung | Retikulär-kontinuierlich, von distal (Rektum) nach proximal | Diskontinuierlich von proximal (terminales Ileum) nach distal (Kolon) |
Niveau | Schleimhaut | transmural |
Klinik | Blutig-schleimige Durchfälle | Abdominalschmerzen und Durchfälle meist ohne Blut, evtl. tastbare Resistenz im rechten Unterbauch |
Extraintestinale Symptome | Selten | Häufig |
Typische Komplikationen | Toxisches Megakolon, Blutungen | Fisteln, Fissuren, Abszesse, Stenosen, Konglomerattumoren |
Röntgen | Zähnelung, Pseudopolyposis, Haustren-Schwund → langes glattes Rohr ("Fahrradschlauch") | Fissuren, Pflastersteinrelief, segmentäre kurze Darmstenosen |
Endoskopie | Diffuse Rötung, Vulnerabilität, Kontaktblutung, unscharf begrenzte Ulzerationen, Pseudopolypen | Aphthöse Läsionen, scharf begrenzte landkartenartige Ulzerationen mit "snail tracks", Stenosen, Fisteln, Pflastersteinrelief |
Histologie | Mukosa, Submukosa: Kryptenabszesse, Becherzellverlust Spätstadium: Schleimhautatrophie, Epitheldysplasien |
Gesamte Darmwand und mesenteriale Lymphknoten: Epitheloidzellgranulome (40%) Spätstadium: Fibrose |
Die medikamentöse Therapie ist abhängig vom Schweregrad des Schubs. Begleitend sollten immer psychosomatische Hilfe und Selbsthilfegruppen einbezogen werden. Die chirurgische Therapie hat bei der Behandlung der Colitis ulcerosa, auch kurativ, ihren Stellenwert.
Zeigt sich nach 3 Tagen Intensivtherapie keine Besserung, ist dies eine Indikation zur Kolektomie.
Die Operationsmethode der Wahl ist ein zweizeitiges Vorgehen. Dabei wird durch eine Pouch-Anlage die Kontinenz erhalten.
In klinischen Studien hat die bewusste Infektion mit bestimmten Peitschenwürmern (Trichuris trichiura) bzw. Schweinepeitschenwürmern (Trichuris suis) eine Remission bewirkt. Der Effekt wird auf eine erhöhte Produktion von Interleukin-22 zurückgeführt. Die Wurmtherapie ist zur Zeit (2012) in Deutschland kein überprüftes, klinisches Standardverfahren.
Das Sterblichkeitsrisiko ist insgesamt um den Faktor 1,7 höher als bei Gesunden. Ein Kolonkarzinom tritt nur bei totalem oder subtotalem Befall auf, das Risiko liegt etwa bei 6%.
MERKE: Die Colitis ulcerosa ist durch Kolektomie heilbar! Bei Versagen der konservativen Therapie sollte daher eine Operation in Erwägung gezogen werden! |
Tags: Colon, Darm, Entzündung
Fachgebiete: Allgemeine Chirurgie, Gastroenterologie
Diese Seite wurde zuletzt am 7. Februar 2021 um 07:46 Uhr bearbeitet.
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