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* Natriumkonzentration im Urin > 30 mmol/l | * Natriumkonzentration im Urin > 30 mmol/l |
von griechisch: azoton - Stickstoff und haima - Blut
Englisch: azot(a)emia
Als Azotämie bezeichnet man einen erhöhten Gehalt an harnpflichtigen Substanzen im Blut. Dabei handelt es sich um stickstoffhaltige Stoffwechselprodukte, die auch als Reststickstoff bezeichnet werden.
ICD10-Code: R79.8
In der Literatur wird der Begriff Azotämie uneinheitlich verwendet. Zum Teil bezeichnet er lediglich eine erhöhte Harnstoffkonzentration im Blut, in anderen Fällen sind auch weitere stickstoffhaltige, harnpflichtige Substanzen gemeint (z.B. Kreatinin, Harnsäure). Des Weiteren wird der Begriff oft mit einem akuten Nierenversagen gleichgesetzt.
Harnstoff entsteht als Abbauprodukte des Proteinstoffwechsels. Bei normaler Proteinzufuhr steigt der Harnstoffgehalt im Blut erst an, wenn die Nierenfunktion um ca. 50-70 % eingeschränkt ist. In diesem Fall kann es auch u.a. zu einem Anstieg von Harnsäure als Endprodukt des Purinabbaus sowie von Kreatinin (aus Kreatin) kommen.
Bei der Azotämie werden analog zur Einteilung der akuten Niereninsuffizienz klassischerweise drei Typen unterschieden:
Prärenale Formen werden häufig auch als Produktionsazotämie, intrarenale als Retentionsazotämie bezeichnet.
Eine mäßige Erhöhung der Harnstoffkonzentration im Blut verursacht keine spezifischen klinischen Symptome. Beschwerden entstehen meist als Folge der zugrundeliegenden Erkrankung. Je nach Art, Dauer und Schweregrad des Krankheitsprozesses geht eine Azotämie meist mit einem oder mehreren der folgenden Befunde einher:
Anhand der Harnstoffkonzentration kann grob das Auftreten von Urämiesymptomen abgeschätzt werden.
Dabei bestehen jedoch erhebliche interindividuelle Unterschiede. Außerdem müssen mögliche Einflussfaktoren auf die Harnstoffkonzentration berücksichtigt werden, z.B.:
Bei einer Azotämie kann die glomeruläre Filtrationsrate anhand der Kreatinin- oder Cystatin-C-Clearance abgeschätzt werden. Außerdem ist eine Sonografie notwendig, um den Volumenstatus, die Nierenmorphologie und die ableitenden Harnwege zu beurteilen.
Eine postrenale Azotämie ist nur in 5 % Ursache einer Azotämie. Die Laborbefunde ähneln denen einer intrarenalen Azotämie. Hinweisend sind eine Obstruktion der Urethra oder beider Ureteren, die aufgrund der Erweiterung der Ureteren und/oder des Nierenbecken im Ultraschall diagnostiziert werden kann.
In 40-80 % d.F. ist eine renale Hypoperfusion die Ursache einer Azotämie.
Hinweisend sind der Natriumgehalt im Urin und die Urinosmolarität: Intakte Tubuli sind in der Lage, den Urin zu konzentrieren (Osmolarität > 500 mosmol/l) und Natrium zu resorbieren (Urin-Natriumkonzentration < 20 mmol/l). Entsprechend liegt die fraktionelle Natriumexkretion < 1 %. Das Urinsediment ist meist unauffällig oder zeigt gelegentlich hyaline und granulierte Zylinder. Die Harnstoff-Kreatinin-Ratio beträgt i.d.R. 40:1
Eine längere renale Hypoperfusion kann zu einer akuten Tubulusnekrose führen, also in eine intrarenale Azotämie übergehen. Dabei verändern sich die Urin-Natriumkonzentration und Urin-Osmolarität. Außerdem zeigt sich dann ein Sediment mit Zelltrümmern und dunklen granulierten, schmutzig-braunen Zylindern.
Nach Ausschluss einer prärenalen und postrenalen Azotämie muss von einer intrinsischen Nierenerkrankung ausgegangen werden. Die häufigste Ursache einer akut auftretenden Azotämie ist die akute Tubulusnekrose.
Bei einer intrarenalen Azotämie zeigen sich u.a. folgende Befunde:
Tags: Blut, Stickstoff
Fachgebiete: Nephrologie
Diese Seite wurde zuletzt am 15. Mai 2010 um 19:27 Uhr bearbeitet.
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