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Der seit 1996 zugelassene [[Glutamat]]-Antagonist [[Riluzol]] ermöglicht die Verzögerung des Fortschreitens der Krankheit. Bei [[progressiv]]en Formen der amyotrophischen Lateralsklerose müssen eine invasive Unterstützung der [[Atmung]] sowie eine Sondenernährung zur Aspirationsprophylaxe vorgenommen werden. | Der seit 1996 zugelassene [[Glutamat]]-Antagonist [[Riluzol]] ermöglicht die Verzögerung des Fortschreitens der Krankheit. Bei [[progressiv]]en Formen der amyotrophischen Lateralsklerose müssen eine invasive Unterstützung der [[Atmung]] sowie eine Sondenernährung zur Aspirationsprophylaxe vorgenommen werden. | ||
− | Weil eine [[kurativ]]e [[Therapie]] zur Zeit nicht möglich ist, kommt der symptomatischen Therapie eine sehr wichtige Rolle zu. Nach der Bildung der [[bulbären]] [[Symptomatik]] ist für die meisten Patienten die [[Hypersalivation]] das größte Problem | + | ===Symptomatische Therapie=== |
+ | Weil eine [[kurativ]]e [[Therapie]] zur Zeit nicht möglich ist, kommt der symptomatischen Therapie eine sehr wichtige Rolle zu. Nach der Bildung der [[bulbären]] [[Symptomatik]] ist für die meisten Patienten die [[Hypersalivation]] das größte Problem. Der Patient kann den Speichel nicht mehr richtig schlucken und verschluckt sich dauernd. Hier kommen [[anticholinerg]] wirksame Medikamente wie [[Amitriptylin]], [[Scopolamin]] oder [[Methionin]] zum Einsatz, deren "[[Nebenwirkung]]en" man nutzt, um die Hypersalivation zu vermindern. Ersatzweise bietet sich eine [[Botox]]injektion in die [[Speicheldrüse]]n an. | ||
− | Zur Palette der Symptome kann auch die Atemnot hinzukommen, der man mit niedrig dosierten [[Opiate]]n wie [[Morphin]] begegnet. Opiate unterdrücken das [[Atemzentrum]] in [[Medulla oblongata,]] dadurch wird der zentrale Sollwert für [[Sauerstoff]] heruntergesetzt und so kommen Patienten mit weniger Sauerstoff aus. | + | Zur Palette der Symptome kann auch die subjektive Atemnot hinzukommen, der man mit niedrig dosierten [[Opiate]]n wie [[Morphin]] begegnet. Opiate unterdrücken das [[Atemzentrum]] in [[Medulla oblongata,]] dadurch wird der zentrale Sollwert für [[Sauerstoff]] heruntergesetzt und so kommen Patienten mit weniger Sauerstoff aus. |
− | Bei [[Angst]] und Unruhezuständen werden | + | Bei [[Angst]] und Unruhezuständen werden schnell wirksame [[Benzodiazepin]]e eingesetzt. Dazu eignet sich [[sublingual]] und [[buccal]] applizierbares [[Lorazepam]], da die Patienten im fortgeschrittenen Stadium nicht mehr schlucken können. Es können aber auch [[Diazepam]]-Tropfen über die [[PEG]] gegeben werden. |
Äußerst wichtiger Bestandteil der Therapie ist die psychologische und [[Psychotherapie|psychotherapeutische]] Betreuung der Patienten, die das Fortschreiten bei vollem [[Bewusstsein]] erleben. Die Psychotherapie kann zur Stärkung des Lebenswillens beitragen und ermöglicht dem Patienten einen besseren Umgang mit der Krankheit. | Äußerst wichtiger Bestandteil der Therapie ist die psychologische und [[Psychotherapie|psychotherapeutische]] Betreuung der Patienten, die das Fortschreiten bei vollem [[Bewusstsein]] erleben. Die Psychotherapie kann zur Stärkung des Lebenswillens beitragen und ermöglicht dem Patienten einen besseren Umgang mit der Krankheit. | ||
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− | * '''''Anmerkung''': In Tierversuchen führte das [[Antibiotikum]] [[Minocyclin]] zu einer deutlichen Lebensverlängerung erkrankter Tiere. Die Anwendung des Präparats bei (ALS) erkrankten Patienten zeigte jedoch in einer Studie eine destruktive und krankheitsbeschleunigende Wirkung.[http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17980667] | + | * '''''Anmerkung''': In Tierversuchen führte das [[Antibiotikum]] [[Minocyclin]] zu einer deutlichen Lebensverlängerung erkrankter Tiere. Die Anwendung des Präparats bei (ALS) erkrankten Patienten zeigte jedoch in einer Studie eine destruktive und krankheitsbeschleunigende Wirkung.<ref>[http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17980667]</ref> |
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von griechisch: myos - Muskel, trophe - Ernährung
Synonyme: amyotrophe Lateralsklerose, myatrophe Lateralsklerose, Charcot-Syndrom
Abkürzung: ALS, MAL
Englisch: amyotrophic lateral sclerosis
Die amyotrophische Lateralsklerose, kurz ALS, ist eine chronisch-degenerative Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), die mit einer Atrophie der Skelettmuskulatur und Pyramidenbahnzeichen einhergeht.
Die Ursachen der amyotrophischen Lateralsklerose sind bis heute unbekannt. Eine typischerweise beobachtbare familiäre Häufung von Krankheitsfällen weist auf eine genetische Disposition hin, aber auch andere Faktoren wie Virus- oder Autoimmunerkrankungen werden diskutiert.
Die Symptomatik der Erkrankung resultiert aus dem Zugrundegehen der Motoneurone des Rückenmarks, die wiederum auf eine Degeneration bestimmter Hirnareale zurückgeführt werden kann. Auch ein Schwund von Ganglienzellen in motorischen Hirnnervenkernen und dem medullären Vorderhorn lässt sich regelmäßig nachweisen.
Durch die nervalen Degenerationen kommt es sekundär zu einer Atrophie der innervierten Muskulatur, besonders an den Extremitäten; die Symptome ähneln denen einer spinalen Atrophie. Ausfälle motorischer Hirnnerven führen zur Atrophie der Gesichtsmuskulatur und führen zum Krankheitsbild einer fortschreitenden Bulbärparalyse.
Die amyotrohische Lateralsklerose manifestiert sich üblicherweise in der zweiten Lebenshälfte und weist einen Häufigkeitsgipfel um das 7. Lebensjahrzeht auf; Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Die Literatur gibt eine Inzidenz von 1 - 2 Fällen auf 100 000 Personen an, die Prävalenz liegt bei etwa 5:100 000.
Bisher sind drei Formen der amyotrophischen Lateralsklerose bekannt:
Die amyotrophische Lateralsklerose manifestiert sich zuerst an den Akren durch unkontrollierte Faszikulationen und später schlaffe Lähmungen. Von den kleinen Hand- und Fußmuskeln schreitet die Erkankung nach proximal fort, wo sie die Muskelgruppen an Armen und Bein atrophieren lässt. Neben den schlaffen Paralysen nehmen viele Patienten äußerst schmerzhafte Muskelkrämpfe wahr.
Die Atrophie der Gesichtsmuskulatur lässt das Gesicht ausdruckslos und eingefallen erscheinen. Schließlich manifestieren sich Lähmungen der Muskulatur an Zunge, Gaumen, Pharynx und Larynx (Symptomatik der Bulbärparalyse), die schließlisch zum Tod durch Aspiration von Fremdkörpern oder Erstickung führen.
Sensibilität, Sensorik und Bewusstsein sind während des gesamten Krankheitsverlaufs voll erhalten.
Der erste Schritt zur Diagnose einer amyotrophischen Lateralsklerose besteht in der körperlichen Untersuchung; können durch Beklopfen der Muskulatur oder durch Kältereize Faszikulationen ausgelöst werden, besteht ein weiter abzuklärender Krankheitsverdacht.
Im Elektromyogramm lässt sich üblicherweise eine pathologische Muskelaktivität, häufig kombiniert mit einer Verminderung motorischer Einheiten, nachweisen.
Muskelbiopsien ermöglichen die Differenzierung zwischen neurogener und myogener Muskelatrophie; daneben lassen sich Atrophien von Gehirn und Rückenmark durch CT oder MRT diagnostizieren.
Bis dato (2013) existiert keine ursächliche Therapie für die amyotrophische Lateralsklerose. Neben einer physiotherapeutischen Betreuung wird gegen die Lähmungen Pyridostigmin gegeben. Auch das TRH hat einen positiven Effekt auf die Symptomatik der amyotrophischen Lateralsklerose.
Der seit 1996 zugelassene Glutamat-Antagonist Riluzol ermöglicht die Verzögerung des Fortschreitens der Krankheit. Bei progressiven Formen der amyotrophischen Lateralsklerose müssen eine invasive Unterstützung der Atmung sowie eine Sondenernährung zur Aspirationsprophylaxe vorgenommen werden.
Weil eine kurative Therapie zur Zeit nicht möglich ist, kommt der symptomatischen Therapie eine sehr wichtige Rolle zu. Nach der Bildung der bulbären Symptomatik ist für die meisten Patienten die Hypersalivation das größte Problem. Der Patient kann den Speichel nicht mehr richtig schlucken und verschluckt sich dauernd. Hier kommen anticholinerg wirksame Medikamente wie Amitriptylin, Scopolamin oder Methionin zum Einsatz, deren "Nebenwirkungen" man nutzt, um die Hypersalivation zu vermindern. Ersatzweise bietet sich eine Botoxinjektion in die Speicheldrüsen an.
Zur Palette der Symptome kann auch die subjektive Atemnot hinzukommen, der man mit niedrig dosierten Opiaten wie Morphin begegnet. Opiate unterdrücken das Atemzentrum in Medulla oblongata, dadurch wird der zentrale Sollwert für Sauerstoff heruntergesetzt und so kommen Patienten mit weniger Sauerstoff aus.
Bei Angst und Unruhezuständen werden schnell wirksame Benzodiazepine eingesetzt. Dazu eignet sich sublingual und buccal applizierbares Lorazepam, da die Patienten im fortgeschrittenen Stadium nicht mehr schlucken können. Es können aber auch Diazepam-Tropfen über die PEG gegeben werden.
Äußerst wichtiger Bestandteil der Therapie ist die psychologische und psychotherapeutische Betreuung der Patienten, die das Fortschreiten bei vollem Bewusstsein erleben. Die Psychotherapie kann zur Stärkung des Lebenswillens beitragen und ermöglicht dem Patienten einen besseren Umgang mit der Krankheit.
Ein weiterer Behandlungsansatz ist die Stammzellentherapie. Dabei werden autologe Stammzellen eingesetzt, die dem Patienten entweder aus dem Knochenmark oder dem Blut entnommen, gezüchtet und dann in geschädigte Areale des Großhirns und des Rückenmarks eingepflanzt werden. Die aktuelle Studienlage berichtet bei einigen Patienten vom Stillstand der Progression und von einer subjektiven Lebensqualitätsverbesserung. Eine abschießende Beurteilung ist zur Zeit (2013) nicht möglich, da die Datenlage zu dünn ist. Diese Form der Therapie ist in Deutschland nicht zugelassen.
Die amyotrophische Lateralsklerose führt üblicherweise innerhalb weniger Jahre zum Tod durch eine respiratorische Insuffizienz, die zu einer Hypoxämie und Hyperkapnie führt. Durch die verminderte Lungenbelüftung treten häufig Pneumonien auf, die den Zustand des Patienten akut verschlechtern können.
Die mittlere Überlebensdauer nach Diagnosestellung beträgt 3 Jahre, es sind aber auch Fälle mit einem Überleben bis zu 15 Jahren beschrieben.
Tags: Degenerativ, Muskelatrophie, ZNS
Fachgebiete: Neurologie
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